Die Wasserversorgung in Schwaigern
Dem Wasser, als Element des Lebens immer und überall empfunden, neben der Luft das wichtigste „Lebensmittel“, ist dieser Beitrag gewidmet.
Kein Wunder, wenn beide Elemente heute zunehmend mit kritischen Augen betrachtet werden und ihre Reinhaltung ganz massiv und immer stärker gefordert wird. Doch nicht von diesem ökologischen Problem soll hier die Rede sein, sondern von der Entwicklung der Wasserversorgung in Schwaigern.
Die Römer, unsere ersten Wasserbautechniker
Alle menschlichen Siedlungen, auch die frühesten, entstanden stets in unmittelbarer Nähe eines Gewässers, und je mehr Menschen auf engem Raum zusammen wohnten, also in Dörfern, umso wichtiger war eine ausreichende Menge Trinkwasser für Menschen und Tiere. Die ersten, die in unserer Gegend Spuren einer organisierten Trinkwasserversorgung hinterließen, waren – wer wohl – natürlich die Römer. In der Technik des Leitungsbaus waren sie wohl bewandert, wie ihre z.T. riesigen Aquädukte beweisen, die wir heute noch, besonders in Südfrankreich, bestaunen können. In den Schwaigerner Römerhöfen fand Karl Wagenplast in der von ihm ausgegrabenen Pferdewechselstation einen Wasserbehälter aus Stein, in den das Wasser vom gut 100 m entfernten Dinkelbrunnen geleitet worden war – vermutlich eben über einen kleinen Aquädukt, da ja kein natürliches Gefälle vorhanden war.
Eindeutiger aber und nachweisbar ist eine rund 1.500 m lange in den Boden verlegte Wasserleitung, die vom Lochwald an den Waldweghöfen vorbei zu dem römischen Gutshof führte, der gegenüber der oberen Mühle an der Straße nach Stetten vermutet wird. Karl Wagenplast hatte diese Leitung an einigen Stellen aufgegraben. Sie war fein säuberlich mit Steinplatten ausgelegt, etwa 15 cm breit und mit Steinplatten abgedeckt, so dass sie nicht von Erde zugeschwemmt werden konnte. Sie liegt etwa einen Meter unter der heutigen Oberfläche.
Die verwöhnten Römer stellten eben erheblich mehr Ansprüche an die Hygiene als die eingeborenen Kelten und so begnügten sie sich nicht mit den geringen Mengen Trinkwasser, die sie vom Leinbach hätten holen können, sondern benötigten Wasser zum Baden (schönstes Beispiel: Römerbad in Weinsberg) und auch vereinzelt für das Wasserspülklosett. Man leitete das fließende Wasser kurzerhand dorthin, wo die menschliche Notdurft im Hause verrichtet wurde und schwemmte alles Unliebsame sofort nach außerhalb des Hauses. So ist es heute noch zu sehen in dem vor wenigen Jahren ausgegrabenen und in den Grundmauern geschickt restaurierten römischen Gutshof in Lauffen a.N.
So komfortabel gaben sich die den Römern folgenden Alemannen und auch deren Nachfolger, die Franken, sicher nicht. Auf alle Fälle ist über das fränkische Alt-Schwaigern, draußen zwischen Leidensberg, Falltor und Leinbach, diesbezüglich nichts bekannt.



17. bis 19. Jahrhundert
Rund ein Jahrtausend dauert es, bis in den uns zugänglichen Unterlagen die erste Notiz über die Zuleitung von Wasser auftaucht. Da kann man dann lesen, dass „Barbara weiland Herrn Hartmanns von Neipperg hinterlassene Frau Wittib geborene von Jarsdorff“ am 25. Mai 1590 in einem Testament 1.000 Gulden stiftet „zu immerwährender Erhaltung des von Ihro schon vorhero auf dem Platz vor ihrem Haus am mittleren Thor innerhalb errichteten Rohbronnen“ (beim heutigen Lindenplatz). Dieser laufende Brunnen, den das von der Eselsbergquelle in Holzteucheln zugeführte Wasser speiste, versorgte vermutlich auch die Gemeinde mit einwandfreiem Trinkwasser. Die Grabplatte des genannten Hartmann von Neipperg und seiner Frau Barbara befindet sich übrigens im Chor der Stadtkirche.
Das Stiftungskapital für diesen Brunnen war dann im Jahr 1680 eine Rettung in höchster Not: Da „der Fleck Schweigern, in ao 1678 mit gar unerträglichen Quartieren, Kriegs Anlagen und Contribution Beladen gewesen, dass man in höchster und gröster Gefahr gestanden, der Fleck möchte ganz ruinieret und ausgeplündert werden, wie dann die harte Bedrohung und Große forcht vorhanden, und zu Errettung Hab, Ehr und Guts kein ander Mittel anzugreifen gewesen, ist demnach mit Consens der hochadeligen Obrigkeit, auch mit wissen und willen, Schultheiß Bürgermeister, Gericht und Achtzehner obgedachtes Capital der Tausend Gulden angegriffen, und gegen gndl. (gnädigliche) Löbl. Landschaft Württemberg um dreyhundert Gulden paares Geldt und gangbarer währung verkaufft und überlaßen worden, …“
Einige Jahrzehnte später, im Jahr 1748, wurde im Schloss ein Brunnen gebaut. Da dort nicht alles Wasser gebraucht wurde, sollte das übrige dem Flecken zugute kommen. Der im Schloss seinerzeit amtierende Baron von Adelsheim (Schwiegersohn des Grafen Wilhelm Reinhard von Neipperg) hatte dieses Anerbieten gemacht. Er begründete es damit, dass der Brunnen beim mittleren Tor wegen des Verkaufs des Stiftungskapitals 1680 entgegen der Absicht der Stifterin „in Abgang gebracht“ worden sei. Auch entstünden der Gemeinde durch das damals beabsichtigte Hereinführen des Wassers vom Eselsberg hohe Kosten. Es sei auch beschwerlich, dass die Kühe das ganze Jahr über außerhalb des Fleckens zur Tränke geführt werden müssten. Dieses Angebot hatten Schultheiß, Anwalt, Richter, Achtzehner und Viertelsmeister zu beraten. Über diese Beratung wurde ein ausführliches Protokoll gefertigt „nebst einem richterlichen Gutachten über die Frage: Ob die von Gnädiger Herrschaft veranlassende Einführung des Bronnens, aus dem herrsch. Schloss in den Flecken nöthig, nützlich und erforderlich sey, und die Versaumung dieser guten Gelegenheit, von Gnädiger Herrschaft und der Nachkommenschaft verantwortet werden könne oder nicht …“.
Schultheiß Christian Gräßle hat hierzu „folgendes deponirt: Er halte die Einführung des Bronnens vor eine nöthige und nutzliche Sache, weil man zu aller Zeit auch vor das Vieh das benöthigte und so auch bey Feuersbrünsten in der Schnelle Wasser haben …“.
Es folgen die Äußerungen sämtlicher Anwesenden, die mit einer Ausnahme (Richter Heinrich Boger) alle für die Einrichtung der Brunnen waren. Boger meinte, man habe genug Wasser und brauche auch das Eselsbergwasser nicht, außerdem „weil Winters Zeiten die Straße durch das Eiß würde verderbt werden, welches auch ehemals wie er von alten Leuten gehört bey vor diesen im Ort gestandenen Bronnen geschehen sey“. Die beiden Brunnen wurden dann auch gebaut, einer vor dem damaligen Rathaus, der andere vor der „Krone“ am heutigen Hindenburgplatz.
Sehr empfindlich reagierte man, wenn die Wasserversorgung mutwillig gestört wurde. In einem Gerichtsprotokoll von 1773 lesen wir: „Man hat mit äußerstem Befremden zu vernehmen gehabt, dass eine erboßte hand eben erst im abgewichenen Frühling bey dem herrschaftlichen Teuchelloch den gemachten Damm durchstochen und ruinirt habe. Es wird dannenhero auf die Zukunfft eine gesammte Einwohnerschaft allhier ernstlich verwarnt dergleichen pflichtwidrigen Unternehmens und Frevels um so gewisser sich zu enthalten, als im Gegentheil ein solcher Frevler der geschärfftesten und allenfalls Zuchthaußstrafe ganz ohnfehlbar zu gewärttigen hätte, anbei aber demjenigen, welcher den dermaligen Täther namhafft machen wird, ein Douceur von 5 Gulden aus der Herrschaft Casse baar zu erheben, und nebst dem zugesichert, dass sein Name auf immer hierunter verschwiegen bleiben solle“.
Der Begriff „Teuchel“ taucht in alten Protokollen immer wieder auf. Teuchel (auch Deuchel oder Deichel geschrieben) sind Baumstämme, die in der Mitte der Länge nach durchbohrt wurden und als Wasserleitung dienten. Im Heimatmuseum sind mehrere solcher Originalteuchel ausgestellt, die auf unserer Markung in den vergangenen Jahren ausgraben wurden. Diese Stämme hielten sich in gleichmäßig feuchtem Boden über viele Jahrzehnte absolut wasserdicht und leiteten das Quellwasser ohne Verunreinigungen bis zu den Brunnen.
1846, in einem Jahr extremer Trockenheit, erwarb die Gutsherrschaft die Thormühle unterhalb des Schlossgartens, um dort ein Pumpwerk einzurichten. Über Bleirohre wurde dieses Wasser in den im gleichen Jahr erbauten Wasserturm im Schlossgarten gepumpt und von dort aus auf verschiedene Stellen im Schloss verteilt (die Bleirohre wurden im Winter 1951/52 ausgegraben und verkauft – immerhin 3.000 kg Blei!). Das Wasser entstammte den Quellen in den Jezwiesen (die Gegend zwischen Bahnlinie, Theodor-Heuss- und Zeppelinstraße) und wurde in Teucheln zum Pumpwerk geleitet.
1683 wurde ein neues Pumpwerk errichtet. Das „mittelschlächtige“ Wasserrad hatte mit 5 m Durchmesser eine beachtliche Größe; das Nutzgefälle betrug 1,31 m, die effektive Triebkraft 1 PS und die geförderte Wassermenge 1,3 Sekundenliter, die über einen Höhenunterschied von 36 m hochgepumpt wurden.
Eine andere Mühle, die Schnellermühle, scheint immer wieder eine Rolle gespielt zu haben. So versuchte im Jahr 1899 die Stadt Schwaigern die Mühle zu kaufen, um entweder die Mühle selbst oder wenigstens das Wehr zu beseitigen, damit die Versumpfung der umliegenden Grundstücke durch das im Leinbach angestaute Wasser vermieden werden konnte. Dort sollten nämlich Bauplätze entstehen. Der Kauf scheiterte dann allerdings an dem geforderten Preis. 1909 brannte die Schnellermühle ab und wurde nicht mehr aufgebaut. Jetzt konnte die Stadt den Platz erwerben und stellte gleichzeitig Überlegungen an, ein Pumpwerk mit einer Turbine errichten zu lassen, um die hohen Betriebskosten für den benzinbetriebenen Motor der Pumpe beim Freibad zu senken. Eine Turbine wäre aber, so geht aus den vorliegenden Angeboten renommierter Firmen (u.a. Voith, Heidenheim) hervor, wegen der im Sommer zu erwartenden geringen Wassermenge des Leinbachs – unter hundert Sekundenliter – nicht wirtschaftlich gewesen.
Doch damit sind wir zeitlich schon etwas vorausgeeilt.