Die Post in Schwaigern

Der Kraichgau und – in seiner Verlängerung nach Osten das Leintal – war schon immer dank seiner geografischen Lage ein bevorzugtes Durchgangsgebiet gewesen von der Rheinebene in Richtung Neckartal. Von Römerstrassen durch dieses Gebiet war schon die Rede. Deutlicher aber und genauer fassbar sind die Verkehrsverbindungen ab dem 17. Jahrhundert und besonders in den vielen Kriegen des 18. Jahrhunderts und den napoleonischen zu Anfang des 19. Jahrhunderts. 

Dass das Leintal schon sehr früh auch auf postalischem Gebiet eine wichtige Durchgangsstrasse war, zeigt die Tatsache, dass hier mehrere durchgehende Postlinien verliefen. Ein regelmäßiger Postwagen lief schon ab 1744 von Nürnberg über das Oberamt Weinsberg nach Durlach und kam dabei durch Großgartach, Schluchtern und Schwaigern. 

Genaueres über die Post in Schwaigern ist erst ab 1838 zu erfahren. Eine Posthalterei sollte hier eröffnet werden, weil eine neue Postlinie von Heilbronn über Eppingen nach Karlsruhe eingerichtet wurde. Dazu war eine Station in Schwaigern erforderlich. Um die Besetzung des Postdienstes bewarben sich der Lammwirt Friedrich Kleinknecht und der Rösslewirt Christoph August Mos. Das Bewerbungsschreiben vom Lammwirt mit Datum vom 22. Juni 1838 hat folgenden Wortlaut:

Friedrich Kleinknecht, Gastgeber zum goldenen Lamm in Schwaigern, bittet allunterthänigst um gnädige Übertragung der in hiesiger Stadt neu zu constituierenden Posthalterey.
Mit Oberpostamlichem Beibericht wage ich der unterthänigste Supplikant folgendes vorzutragen …
Ich erkühne mich nun um gnädige Übertragung dieser Posthalters Stelle unterthänigst zu bitten, mein Gesuch aber mit folgendem zu belegen.
Ich bin 41 Jahre alt, verheiratet, Vater von 3 Kindern, mit einem nicht unbedeutenden Feldgut verbunden mit geräumigen Wirtschafts Gebäuden …
ich glaube die nöthigen Kenntnisse und Fertigkeiten zu dieser Stelle nun umso mehr zu besitzen, als ich in meiner Jugend nicht nur die gewöhnliche deutsche Schule sondern auch mehrere Jahre die lateinische Schule besuchte und der Französischen Sprache mächtig bin …

Am 22. Juli erhält die Generaldirektion der Post vom Ministerium des Inneren die Mitteilung, dass „Seine Königliche Majestät durch höchste Entschließung vom 17. d.M. unter den beiden für dies Posthalterei vorgeschlagenen Candidaten dem Gastwirth Kleinknecht daselbst die landesherrliche Bestätigung ertheilt zu haben.

Wenige Wochen später wird vom Erblandpostmeister im Königreich Württemberg, von Maximilian Karl Fürst von Thurn und Taxis, Friedrich Kleinknecht zum Posthalter in Schwaigern bestellt. Schließlich folgt auch der Bestallungsbrief, zu dem der Erblandpostmeister schreibt:
Zu Urkund dessen haben Wir gegenwärtigen Bestallungsbrief eigenhändig unterzeichnet und denselben mit Unserem Fürstlichen Wappen besiegelt, auch vidiren und contrasigniren lassen.

Gleichzeitig geht die nebenstehende Generale an sämtliche Postanstalten.

Zu den Aufgaben des Posthalters gehörte es, dafür zu sorgen, dass alle Postsendungen zwischen Heilbronn und Schwaigern ordnungsgemäß erledigt und dass auch die Extraposten entsprechend bedient wurden. Für die Ausführung des Postkurses zwischen Schwaigern und Heilbronn erhielt Posthalter  Kleinknecht vierteljährlich 78 Gulden.

Wenn wir lesen, dass er bei Bedarf auch noch Schmiergeld erhielt, so mag uns das heute verwundern. Aber es war damals in des Wortes ursprünglicher Sinn zu verstehen, denn die Kutschen, nicht der Posthalter, mussten des Öfteren geschmiert werden. In den Vorschriften hieß es: Wenn ein fürstlicher Beiwagen mit dem Postwagen läuft und dieser ungeschmiert nicht weiter läuft, so darf an Schmiergeld von seiben Kreuzern verrechnet werden. 
Auch für ein Vorspannpferd darf auf eine einfache Station verrechnet werden an die Eilwagen und deren Beychaisen ein Gulden.

Eine weitere Aufgabe des Posthalters war es, die Postillione einzustellen. In einer Dienstvorschrift vom Jahr 1900 heißt es:

Ein Postillion soll thätig und unverdrossen, nüchtern, treu, des Fahrens und Reitens kundig sein und das Posthorn zu blasen verstehen.

Um dieselbe Zeit, in der Friedrich Kleinknecht als Posthalter eingesetzt wurde, fuhr erstmals ein Eilpostwagen von Heilbronn nach Karlsruhe und zwar jede Woche zweimal auf der Zabergäuroute und zweimal über Schwaigern und Eppingen. Aus diesem Grund wurde das Stadtschultheißenamt angewiesen, „seinen Gemeindeangehörigen insbesondere das Ausweichen und die Nothhülfe auf die gegebenen Postsignale bei Gefahr der gesetzlichen Strafen einzuschärfen.“ Auch müssten die Ortsstrassen in einem guten Zustand erhalten sein und gefährliche Stellen mit Sicherheitsschranken versehen sein.

1856 erhielt Schwaigern ein Postamt, was eine Aufwertung für die Stadt bedeutete. Das betreffende Lokal war das Zimmer rechts neben dem Eingang zum „Lamm“. 1858 ging das Amt des Posthalters auf den Sohn Friedrich Wilhelm Kleinknecht über. Ab Oktober 1851 gab das Königreich Württemberg eigene Briefmarken heraus und deshalb brauchte man auch einen Poststempel um die Briefmarken zu entwerten. Der erste Poststempel, der in Schwaigern verwendet wurde, trägt das Datum vom 5.2.1874.

1882 war der Posthalter Kleinknecht gestorben. Im Zusammenhang mit der Eröffnung der Bahnlinie Heilbronn – Eppingen war 1882 eine direkte Verbindung zwischen der Stadt und dem Bahnhof hergestellt worden. Die Stadtmauer war auf Höhe der heutigen Volksbank durchbrochen und die damalige „Stangenbrunnengasse“ als Bahnhofstraße (heute Theodor-Heuss-Str.) bis zum Bahnhof verlängert worden. Deshalb kam der Gedanke auf, die Poststelle in den Bahnhof zu verlegen. Dem Bahnhofstationsmeister Schuh wurde also neben den Bahngeschäften auch die Postexpeditorstelle  übertragen, doch bald stellte sich heraus, dass den Bewohnern von Schwaiger es lieber gewesen wäre, „wenn dass Königl. Postamt sich in der Stadt selbst befinden würde.“

Mehrmals täglich brachte die Bahn in einem Postwagen die Brief- und Paketpost mit. Jedesmal wurde sie am Bahnhof von den Postlern mit ihrem zweirädrigen Karren in Empfang genommen und zum Postamt gebracht. 

 Die eingegangene Post wurde damals täglich zweimal zugestellt. Im Jahr 1893 „beehrt sich aber das Königl. Postamt, dem verehrlichen Stadtschultheißenamt mitzuteilen, dass die Königl. Generaldirection der Posten und Telegraphen mit Wirkung vom 15. d.M. an werktäglich drei Ortsbestellgänge angeordnet hat und zwar morgens 8.45 Uhr, nachmittags 1.15 Uhr und abends 7.30 Uhr, sodass also auch Postsendungen, die um 12 und 1 Uhr einlaufen. bestellt werden.“

 Glückliche Zeiten müssen das gewesen sein!

Zehn Jahre später war es aber dann doch so weit, dass sich die Generaldirektion der Staatseisenbahnen bemühte, eine Trennung von Post- und Bahndienst herbeizuführen, „weil die Besorgung des Eisenbahn-, Telegrafen-, Post- und Fernsprechdienstes auf der Station Schwaigern in einem Gelaß, das dazu noch von Postunterbeamten, vom Stationswärter und Stationsarbeiter betreten wird und in dem neben dem Stationsvorsteher und dem Hilfsbeamten noch einige Anwärter zur Erlernung des Dienstes unterzubringen sind, auch zeitweise Personen, die den Fernsprecher benützen wollen, sich aufhalten …

Ab Oktober 1903 wurde der Postdienst im Haus des Schreiners Karl Ferdinand (Ecke Friz-/schräg gegenüber der Frizhalle) abgewickelt, in dem Haus also, in dem das Postamt fast 80 Jahre bleiben sollte. 1908 erwarb das gräfl. Rentamt das Haus, behielt es bis 1924 und verkaufte es dann an die Postverwaltung. 

Nach Abbruch der ehemaligen Gaststätte „Traube“ gegenüber dem Bahnhof, entstand dort 1982 ein neues Domizil für die Post und auch für das Notariat. Seit 2004 befindet sich die Postannahmestelle, die das Prädikat „Amt“ nicht mehr verdient, in einer Ecke des Drogeriemarktes in der Theodor-Heuss-Str. Die Zusteller wurden zwischenzeitlich alle motorisiert, früher kommt aber deshalb die Post auch nicht beim Empfänger an. 

Telegraphie und Telefonie

1876 stellte die Königliche Telegrafendirektion den Antrag, eine Telegrafenstation in Schwaigern mit dem Postamt zu vereinigen. Damit war man auch in Schwaigern mit der großen weiten Welt direkt verbunden.

Das Telefon breitete sich aber erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts langsam aus. Am 10. Juni 1901 wurde mit der Fertigstellung der Verbindungsleitung zwischen Schwaigern und Heilbronn die erste öffentliche Telefonstelle im Bahnhof an das Netz des Landes angeschlossen. Aber dieser Anschluss musste erst erkämpft werden, denn der erste diesbezügliche Antrag wurde von der Postverwaltung „mit der Begründung als unthunlich bezeichnet, dass zu den Zeiten, in welchen nur einer der beiden Eisenbahnbeamten im Dienste sei, diesem Beamten neben den seitherigen Geschäften nicht auch noch der Telephondienst zugewiesen werden könne.“ Dagegen argumentierte das Stadtschultheißenamt „Bei der voraussichtlich kleinen Zahl der Telefonteilnehmer in Schwaigern wird der Telephonverkehr einen erheblichen Umfang nicht annehmen, wie sich auch der Telegrammverkehr in bescheidenen Grenzen bewegt. … Die baldige Einrichtung des Telephondienstes wird insbesondere von dem Herrn Grafen von Neipperg dringend gewünscht. Bei dieser Sachlage glaubt die Gemeinde die verehrliche Behörde ersuchen zu dürfen, die Frage der Einrichtung des Telephondienstes auf dem Bahnhof Schwaigern nochmals in geneigte Erwägung zu ziehen.“

Bevor die Genehmigung erteilt wurde, musste der Gemeinderat dafür garantieren, dass für die Dauer von fünf Jahren jährlich mindestens 400 Mark an Sprechgebühren eingehen würden. Eine nicht geringe Summe, wenn man bedenkt, dass ein Gespräch in die nähere Umgebung 10 Pfennig, nach Stuttgart 20 Pfennig und bei größeren Entfernungen 50 Pfennig kostete. Wer sich einen privaten Anschluss einrichten lassen wollte, musste jährlich 80 Mark Anschlussgebühren bezahlen. 

Der Gemeinderat wollte aber an einer Ausfallbürgschaft auch andere beteiligen und schlug vor, dass sich die Gemeinde, das Gräfliche Rentamt und die Schwaigerner Kaufleute zu je einem Drittel die anfallenden Kosten teilen sollten. Schließlich übernahm aber der Gemeinderat die gesamte Bürgschaft. 

1925 beantragte das Postamt einen eigenen Fernsprechanschluss. Von Schwaigern ausgehende und in Schwaigern ankommende Gespräche liefer über den Umschaltschrank im Postamt, der durch das „Fräulein vom Amt“ ständig besetzt war und auch die Sprechzelle für den öffentlichen Verkehr wurde nach Aussagen des Postmeisters Schlenker stark benutzt, so dass es anscheinend Schwierigkeiten mit ankommenden und abgehenden Dienstgesprächen gab. Er schreibt am 14. Januar 1925:

Das Postamt beantragt einen besonderen Anschluss an das Fernsprechnetz. Schön öfter ist es vorgekommen, dass Dienstgespräche und zwar besonders solche in ankommender Richtung nicht alsbald erledigt werden konnten, weil der Umschaltschrank  durch die ihn bedienende Person ständig besetzt ist und auch die Sprechzelle für den öffentlichen Verkehr ziemlich stark benötigt wird. 

Die Möglichkeit für die Telefonbesitzer, vom eigenen Apparat aus den Gesprächspartner direkt anzuwählen, wurde bei uns erst ab 1932 geschaffen, als der sogenannte Selbstanschluss-Betrieb eingeführt wurde. Ferngespräche gingen aber noch längere Zeit, zum Teil bis nach dem 2. Weltkrieg über das Fernmeldeamt mit Handvermittlung. 

1989 wurde durch die erste Postreform die Deutsche Bundespost aufgespalten in 

  • Deutsche Bundespost Postdienst
  • Deutsche Bundespost Postbank
  • Deutsche Bundesport Telekom

Heute nennt sich der Postdienst DHL, die Postbank ist ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank AG und die Telekom ist eine Aktiengesellschaft.

Heute ist die Welt ohne Smartphone nicht mehr vorstellbar. 

Frühe Telefone wie dieser hatten keine Wählscheibe, sondern einen Kurbelinduktor, um sich beim „Fräulein vom Amt“ bemerkbar zu machen.

1950er Jahre
1970er Jahre
Telefonzelle aus den 1970/80er Jahren

1992  das erste Handy von NOKIA

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