Stele Nr. 14 Wächterhaus an der "Letz"

Stadtmauerturm an der „Letz“

Schwaigern erfüllte als zentraler Ort und Adelssitz früh die Funktionen einer Stadt, eine eigentliche Stadtrechtsverleihung blieb aber bis 1806 aus. Dennoch umgab man sich auf dem Weg zur angestrebten Stadtwerdung Ende des 15. Jahrhundert mit einer Mauer. Zahlreiche – aber in ihrer Wehrkraft eher bescheidene – Türme verstärkten diese.
Der vor Ihnen stehende, einzig noch bewohnbare Turm, das sog. „Wachthaus“ wird 1484 urkundlich erwähnt und gehört zum Typus „Halbschalenturm“: Um seitlich beobachten zu können, was sich unter der Mauer tut, ggf. um Feinde von der Flanke aus zu beschießen, baute man in den geraden Mauerverlauf Vorsprünge (Halbschalen) ein.
Das gemauerte, halbrunde untere Turmgeschoss (heute Keller) besitzt 1,20 m dicke Wände aus Bruchsteinen. Überkragende eichene Dachbalken tragen zwei Fachwerkgeschosse im halben Achteck und ein steiles asymetrisches Dach. Auch das obere Fachwerkgeschoss kragt über, allerdings ohne sichtbare Balkenköpfe. Hier verblendet eine gekehlte Holzbohle den Überstand.
Eine Besonderheit, die sonst in Schwaigern sichtbar nur noch am „Storchennest“ vorkommt und auf die Fachwerktechnik vor 1500 hinweist, sind die Streben, die mit den Eckständern nicht verzapft sind, sondern diese Schwalbenschwanzartig überblatten.
Zeitgleich oder etwas später wurde westlich des Turms, jenseits des Wehrgangs, ein bescheidenes Fachwerkhäuschen errichtet. Eine Überbrückung dieses Ganges als Verbindung zwischen Häuschen und Turm schuf die nötige Fläche um beide Gebäudeteile zusammen für Stadtwächter bewohnbar zu machen. Das Wachthaus steht auf 87 qm Grundstück bei 53 qm Stockwerksfläche im Wohnteil.
Die übrigen Schwaigerner Halbschalentürme werden einen ähnlichen Fachwerkaufbau getragen  haben. Dass dieser Turm zur Gänze erhalten geblieben ist, liegt an seiner dem Wetter abgewandten Lage nach Osten – Grundvoraussetzung – dass er nie kriegerisch zu Schaden kam.

Nachdem die Tortürme im 19. Jahrhundert abgebrochen wurden und man folglich auf die Verteidigungsfähigkeit verzichtete, sank das funktionslos gewordene Anwesen  (immer in städtischen Besitz) zum Armenhaus herab.
Um 1980 erwarb eine Remstäler Kunsthandwerkerin die desolate Immobilie von der Stadt. Ihr Architekt Benning küsste das Anwesen mit guten Ideen und zeitgemäßem Standard wach, ohne dass es danach dauernd bewohnt worden wäre. Erst mit den Käufern Häbich und ihren Nachfolgern Oeschger zog wieder Leben ein an der „Letz“. Ein originelles Bauwerk hat so eine Überlebenschance erhalten.

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